Digitaldruckverfahren – Herausforderungen und Chancen

Der Referent, Herr Dr. Martin Schleusener, hat freundlicherweise zum folgenden Kurzbericht den Vortrag als PDF-Bericht (ca. 2,9 MB) zur Verfügung gestellt.

Im Rahmen der IDD-VDD-Seminarreihe fand am 22. Januar 2004 ein Vortrag von Herrn Dr. Martin Schleusener von der Firma Océ Printing Systems GmbH mit Standort in Poing/München statt. Océ ist ein im Bereich s/w-Druck weltweit führendes Unternehmen mit Stammsitz in den Niederlanden, das unter anderem Kopierer und Hochleistungsdrucker produziert. Der Name des Unternehmens stammt aus der Muttergesellschaft und stand ursprünglich für „OK“.

In der letzten Zeit ist bei vielen Herstellern ein Rückgang bzw. eine Stabilisierung im Bereich der digitalen Drucksysteme festzustellen. HP kaufte Indigo auf und stieg in den Professional Electronic Printing ein. Kodak kaufte Scitex Digital auf und stieg wieder in den Professional Electronic Printing ein. Bei Océ und Siemens haben sich eine stabile Entwicklung im s/w- Druck sowie ein langsamer Einstieg in den Mehrfarbendruck abgezeichnet.

Was sind die Ursachen für die gegenwärtige Situation des Digitaldrucks? Ist die so genannte „Blase“ geplatzt? Ist die wirtschaftliche Sättigung erreicht?

Hinsichtlich der Printmedien lassen sich folgende Trends geben:

  • Die Informationstechnologie wird der dominierende Wirtschaftszweig.
  • Die Non-Print-Medien wachsen jährlich zweistellig.
  • Die Printmedien wachsen langsamer.
  • Die Struktur der Printmedien wandelt sich.

Somit gilt es für konventionelle Druckmaschinen

  • kürzere Rüstzeiten,
  • vereinfachte Druckwerke,
  • Druckwerke über Netze sowie
  • Ct-Plate- und Ct-Press-Verfahren

anzustreben.

Für NIP-Verfahren (NIP: Non-Impact-Printing) dagegen bedeutet dies

  • eine höhere Qualität,
  • eine höhere Druckgeschwindigkeit,
  • niedrigere Seitenkosten sowie
  • mehr Farben

zu verwirklichen.

Es existieren zahlreiche NIP-Verfahren. Manche unterscheiden sich technologisch nur wenig voneinander. Die wichtigsten sind: Elektrofotografie, Magnetografie, Ionografie, Ink Jet sowie Toner Jet. Keine der verwendeten Technologien kann als universell betrachtet werden. Vielmehr eignen sich die einen besser für kleine Auflagen, die anderen eher für hohe Druckgeschwindigkeiten. Andere zeichnen sich durch eine einfach aufgebaute Druckeinheit aus.

Die Hochleistungsdrucker von Océ funktionieren nach dem Prinzip der Elektrofotografie. Das Kernstück dieser Drucker ist der Zeichengenerator, der heute mit LEDs anstelle des konventionellen Laserstrahllinsensystems ausgestattet ist. Die LEDs bieten den Vorteil einer ortsfesten Lage, die das schwingungsfreie Drucken mit höherer Geschwindigkeit und höherer Lichtausbeute ermöglicht.

Bei der Elektrofotografie werden folgende Fotoleitersysteme, eingeteilt nach Schichtdicke, eingesetzt:

  1. Dicke Schichten: Haben das Problem der begrenzten Ladungsbeweglichkeit und damit der niedrigeren Geschwindigkeit (werden heute überwiegend verwendet).
  2. Dünne Schichten: Kleinere Punkte als bei dicken Schichten sind möglich.
  3. Mehrschicht-Aufbau: Ermöglicht Geschwindigkeiten von 3 m/s sowie eine sehr gute Bildqualität, ist aber teuer.

Toner

Die Toner werden nach dem Schmelz-Mahl-Verfahren hergestellt. Heute gibt es ein neues Verfahren, bei dem der Toner chemisch nach der Keimtechnologie entsteht. Der Vorteil der neuen Technologie liegt in der Möglichkeit, Gestalt und Größe der Tonerteilchen im Voraus zu bestimmen. Die Oberfläche der Teilchen ist sehr fein. Außerdem ist diese Technologie preiswerter als das Schmelz-Mahl-Verfahren. Mit diesem Verfahren konnte eine Teilchengröße von kleiner 5 µm verwirklicht werden.

Druckerauflösung

Bei der Druckerauflösung ist zwischen der physikalischen Auflösung, definiert als kleinster druckbarer Punktdurchmesser, und der Adressierbarkeit, also dem Rasterabstand der Mikropixel, zu unterscheiden.

Vierfarbendruck

Elektrofotografische Vierfarbendrucker können nach folgenden Bauformen eingeteilt werden:

  • Transfer-Drum-Prozess,
  • Tandem-Prozess,
  • Double-Transfer-Prozess sowie
  • Single-Drum-Prozess.

Das Direct-Imaging-Verfahren von Océ ist gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

  • Bogendruck: 25 Bogen/min.
  • Druckbreite: 301 mm.
  • Auflösung: 400 x 1600 dpi.
  • Schnittstelle: PostScript/PDF.
  • 7-Farben-Drucker, wobei die Farben nebeneinander aufgetragen werden (keine Überlappung).
  • Leitfähiger Magnettoner.

In absehbarer Zeit soll ein neuer Hochleistungsdrucker von Océ vorgestellt werden. Dieser Drucker arbeitet mit sieben Farben und ermöglicht einen sehr dünnen Farbauftrag. Diese Technologie bietet nicht nur Qualitätsvorteile sondern auch Vorteile hinsichtlich Tonereinsatz und -kosten.

Eine große Chance hat der Digitaldruck zukünftig nur dann, wenn folgende Bedingungen eingehalten werden:

  1. Die Wirtschaftlichkeit gegenüber Offsetdruck muss erhöht werden. Die digitalen Druckverfahren müssen bis zu einer Auflage von 5000 Exemplaren günstiger als die konventionellen Druckverfahren sein. D.h., die Kosten pro Seite müssen sinken. Heute sind die digitalen Verfahren nur bei einer Auflage unter 500 Exemplaren günstiger.
  2. Die Codierungssprache soll vereinheitlicht werden.
  3. Die Maschinenauslastung und -flexibilität sollen erhöht werden.
  4. Der Mehrfarbendruck und die Druckqualität sollen verbessert werden.
  5. Die Maschinenverfügbarkeit soll erhöht werden.