FM-Raster in der Praxis von Bogen- und Rollenoffsetdruck

Das IDD der TH/TU Darmstadt bildete zu Beginn der 1980er Jahren die Keimzelle einer neuen Raster-Technologie, der man in Analogie zur Funktechnik den Namen „Frequenz-modulierte = FM Rasterung“ gegeben hat, während man bei der konventionellen Raster-Technologie von der „Amplituden-modulierten = AM Rasterung“ sprach. Was war geschehen? em. Prof. Dipl.-Ing. Karl R. Scheuter (85), der zu diesem IDD-VDD-Seminar kurz vor Weihnachten speziell von seinem Wohnsitz in Thun, Schweiz, angereist war und in den 1980er Jahren dieses Umdenken als Ordinarius des IDD in die Wege geleitet hat, erklärte dies in einem Statement am Ende des überaus informativen Referats und Praxisberichts von Ulrich Stetter, Absolvent der HdM in Stuttgart und schon seit einigen Jahren Technischer Leiter des Druckhauses Bayreuth, mit dem folgenden Wortlaut, den der Berichterstatter zur Verdeutlichung des Entwicklungsweges von FM an den Anfang gestellt hat:

Prof. Karl R. Scheuter:„Der Weg zum FM-Bildaufbau – ich vermeide den Begriff FM-Raster, weil unsere Vorstellung vom idealen Bildaufbau rasterlos ist – hat eigentlich schon um 1960 begonnen, als ich noch bei der Maschinenfabrik WIFAG in Bern, Schweiz, die Druckmaschinen-Konstruktion leitete. Auslöser war ein Lichtdruck (Druck von einer mit Kaliumbichromat sensibilisierten Gelatineschicht auf einer Glasplatte, wobei während der Belichtung und anschließenden Trocknung eine Runzelkornbildung auftritt), der mir von amerikanischen Geschäftsfreunden gezeigt wurde und der eine so hohe Detailschärfe aufwies, wie ich sie nur von Profi-Fotos her kannte.

Dass es zwei Jahrzehnte dauerte, bis ich mich den Dingen richtig annehmen konnte, lag daran, dass die dazu erforderlichen Mittel in einer Maschinenfabrik nicht vorhanden waren und ich mich bei meiner Berufung 1966 auf den Lehrstuhl des IDD in Darmstadt anderen, dringenderen Dingen und Aufgaben zuwenden musste, wie der Entwicklung der theoretischen Grundlagen der Bildübertragung (Dissertation von Dr.-Ing. Klaus Wolf , 1970) und dem Nachweis ihrer Gültigkeit (Dissertation von Dr.-Ing. Roland Hradezky, 1977). Im Übrigen war es wohl so, dass wir bei der Aufnahme der FM-Entwicklung in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre den frühest möglichen Zeitpunkt vorfanden, dessen Stand der Technik einen Erfolg erst wahrscheinlich erscheinen ließ.

Ich bin sicher, dass unsere Arbeit, die in die Dissertation von Dr.-Ing. Gerhard Fischer 1986 mündete, die erste auf diesem Gebiet war. Die wichtigsten Zeugen dafür sind natürlich die uns als Erfinder nennenden nachfolgenden Patente. Die Dissertation Fischer wurde am 28.1.1986 eingereicht und trägt das Erscheinungsdatum 1986. Das erste Patent, welches jene Technik umfasst, die allgemein als FM-Raster bezeichnet wird, nämlich DE 293 109, bzw. EP 0 032 908, weist die Priorität 31.7.1979 auf. Da wir damals viel veröffentlichten, basieren wohl alle übrigen bisher bekannt gewordenen FM-Raster darauf.

Doch unsere Vorstellung von einem rasterlosen Bildaufbau war, wie bereits gesagt, eine andere. Vereinfacht ausgedrückt, wird bei der seitherigen FM-Technologie ein Raster über die Vorlage gelegt und die Tonwerte der Raster-Teilflächen gemessen. Anschließend wird die zur Erzeugung des jeweiligen Tonwertes notwendige Anzahl der Druckpunkte konstanter Größe berechnet und in den entsprechenden Rasterteilflächen stochastisch (zufallsbedingt) verteilt. Ein FM-Raster-Bild ist somit, anschaulich gesagt, ein autotypisches Bild, dessen Rasterpunkte in Teilflächen gleicher Größe explodiert sind. Die höhere Bildschärfe des FM-Raster-Bildes entsteht bei gleicher Rasterfrequenz – das scheint heute die Regel zu sein – nur durch den Wegfall der Rosetten.

Die Größe der Rasterteilflächen – und damit der Rasterfrequenz – eines FM-Raster-Bildes folgt zwangsläufig aus der gewünschten Anzahl der Tonwertstufen und der gewählten Druckpunktgröße. Für beispielsweise 64 Tonwertstufen und 10 µm-Druckpunkte ergibt sich eine Teilflächenbreite von 80 µm, also eine Rasterfrequenz, d.h. Bildauflösung von 125 / cm. Betrachtet man 64 Tonwertstufen und 10 µm für die Punktgröße als praktische Minimalwerte, dann heißt das eben auch, dass die FM-Raster-Technik keine Bildauflösung über 125 / cm zulässt. Zum Vergleich: Der Lichtdruck erreichte schon vor 135 Jahren (Josef Albert 1868) eine Bildauflösung von rund 400 / cm und die Profi-Fotografie eine solche von 1000 / cm.

Einen echten FM-Bildaufbau beschreibt unser Patent EP 0 074 422 vom 12.9.1981. Die Vorlage wird danach in ihre Bilddetails zerlegt und die Tonwerte jedes dieser Details gemessen. Anschließend wird die zur Erzeugung des jeweiligen Tonwertes notwendige Anzahl der Druckpunkte konstanter Größe berechnet und die Druckpunkte dann in der entsprechenden Detailfläche stochastisch verteilt. (zum Verständnis: Als Bilddetail gilt eine konturierte Teilfläche des Bildes, in welcher die örtlichen Tonwerte innerhalb eines definierten Toleranzbereiches konstant sind).

Der Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass die maximal mögliche Abtastfrequenz, d.h. die maximal mögliche Bildauflösung, nur durch die gewählte Druckpunktgröße festgelegt ist. Ein 10 µm-Druckpunkt würde somit eine Bildauflösung von 1000 / cm ermöglichen. Damit wäre es möglich, die Qualität des gedruckten Bildes der Qualität einer Profi-Fotografie grundlegend anzugleichen. Ich weiß natürlich, dass beim heutigen Stand der Technik dieses Ziel nicht unmittelbar erreicht werden kann. Doch mit den Vorarbeiten könnte man bereits beginnen“.

Dieses Statement wurde vom mehrheitlich fachkundigen Publikum mit einem spontanen Szenenapplaus aufgenommen und Prof. Dr.-Ing. Edgar Dörsam als Moderator dieses Seminars versprach, diesen Gedanken bei seinen zukünftigen Planungen von Forschungsvorhaben zu berücksichtigen, entspreche er doch seiner Intention, das Offset-Druckverfahren für seine Zukunftssicherung weiter zu entwickeln (siehe seine Rede bei der VDD-Jahrestagung 2003 in Düsseldorf).

Nun aber zum Vortrag von Ulrich Stetter, der vor allem den Druckqualitätsgewinn und die Wirtschaftlichkeit durch Einsatz von FM-Rasterung zum Inhalt hatte. Das Druckhaus Bayreuth beschäftigt 120 Mitarbeiter, besitzt eine umfangreiche Zeitungsvorstufe, Bogen- und Heatset-Rollenoffsetmaschinen, eine Zeitungsrotation für 4 Tageszeitungen und eine vollstufige Verarbeitung und Logistik. 100% aller Produkte im Heatset-Rollenoffsetdruck werden heute mit 20 µm-FM-Rastern und 90% aller Bogenoffset-Produkte mit 10 µm-FM-Rastern hergestellt.

Auch Ulrich Stetter begann seine Ausführungen mit einem historischen Rückblick, wobei er neben der Würdigung der Arbeiten von Prof. Scheuter und seinem Team am IDD die frühe Veröffentlichung in USA von Floyd & Steinberg aus dem Jahre 1976 erwähnte, die auf die Bürokommunikation (Kopiertechnik) und weniger auf den Druck abzielte, aber bereits auf die Schwierigkeiten mit dem Rauschen bei den Mitteltönen hinwies. Es wurde in dieser Veröffentlichung kritisch erwähnt: „Die Zufallsverteilung von Punkten erhält hier eine zusätzliche Gewichtung durch Regelbildung für das Verhalten von Nachbarpixeln. Die Detailabbildung ist bereits gut, doch in den Tiefen sind noch Wellenformen erkennbar. In weiteren Versuchen wurde dies reduziert, dann kam es aber zu Rauschen in den Mitteltönen“.

Auf die kommerzielle Seite der Vermarktung der ersten FM-Raster eingehend, erwähnte er, dass die FM-Raster der 1. Generation noch diesen Mangel aufwiesen. Da war zunächst das FM-Raster, das von der Firma „Bilda“ von Dr. Jean Fischer & Partner in Darmstadt entwickelt wurde und dann nach der Praxiserprobung durch Dieter Maetz über die Reproanstalt Vignold zu Beginn der 1990er Jahre an Agfa als „CrystalRaster“ verkauft wurde. Fast zur gleichen Zeit kam von Linotype-Hell das „Diamond Screen“ heraus. Wegen des Rauschens, aber auch, weil bei der Filmkopie fast Reinraum-Bedingungen vorzuliegen hatten und der optische Kopierprozess die Feinheit der Bildpunkte begrenzte, war die Einführung eher schleppend.

Erst mit der Durchsetzung der CtP-Technologie mit dem Vorreiter Zeitungsdruck ab Mitte der 1990er Jahre konnte die FM-Rasterung einen Durchbruch auch im Akzidenzbereich erzielen, wobei die von Dr. Jean Fischer vorgeschlagenen Hybrid-Systeme, wie Agfas „Sublima“ (Lichter und Tiefen in FM, Mitteltöne in AM) das Rauschen umgingen. Schließlich kamen aber FM-Raster der 2. Generation auf, die durch Weiterentwicklung der mathematischen Algorithmen und Änderungen bei den Verknüpfungen das Rauschen überwanden. In Bayreuth setzt man heute das „Staccato“ von Creo ein, das zu diesen FM-Rastern der 2. Generation gehört. Die Druckpunkte messen dabei 10 und 20 µm. Auch das „Satin Screening“ von Heidelberg ist als ein FM-Raster der 2. Generation zu benennen, scheint aber noch nicht in der Entwicklung ganz abgeschlossen zu sein.

Während bei einem autotypischen AM-Raster die Randlänge der Rasterpunkte auf einer 1×1 mm messenden Fläche nur 9,3 mm groß ist, beträgt diese bei einem 20 µm-FM-Raster 100 mm und bei einem 10 µm-FM-Raster gar 200 mm. Es ist deshalb verständlich, dass der Lichtfang-Effekt bei FM-Rastern entsprechend größer auftritt und deshalb die Punktzunahme bei Densitometer-Messungen entsprechend hoch ausfällt. Statt Densitometer müssen deshalb bei FM-Rastern spektralfotometrische Messungen zur Kontrolle durch Farbvergleiche eingesetzt werden.

Diesem vermeintlichen Nachteil stehen jedoch die verbesserte Nutzung der Farbpigmente (ca. 15% weniger Farbverbrauch), der reduzierte Einfluss der Papierfärbung (das Papier erscheint weißer) und der erweiterte Farbraum (andere Farbwirkung durch Lichtfang-Effekt) als Vorteile gegenüber. Auch reagieren FM-Raster weniger auf Registerstörungen, was das britische Pira-Forschungsinstitut bereits früher festgestellt hat (für 0,15 mm Registerdifferenz liegt das DE bei FM bei nur 0,8-1,6, während bei AM ein DE von 2,4 hingenommen werden muss),

Die Grenzen von FM-Rastern treten auf: bei stark saugenden Papieren im Bogenoffsetdruck und bei der Verwendung von Metallicfarben mit fluoreszierenden Farben und großen Pigmenten. Ab Januar 2004 will man in Bayreuth das „Staccato“ auch im Zeitungsdruck einsetzen (im Jahre 2002 hat man durch hochwertige Druckqualität die Mitgliedschaft im „International Newspaper Color Quality Club“ der Ifra und NAA gewonnen und will diese Spitzenstellung halten und weiter ausbauen), dann jedoch mit Druckpunktgrößen zwischen 30 und 40 µm. Von der gegenwärtigen Diskussion über „SquareSpot“ hält Ulrich Stetter nichts, denn dies führe an der eigentlichen Problematik vorbei.

CtP und die Thermo-Technologie bei den Druckplatten (begrenzender Schwellenwert bei der Punktbildung) hält er für eine Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz der FM-Raster-Technologie. Natürlich müsse die eingesetzte Druckmaschine dublierfrei drucken und eine geringe und stabil bleibende Druckzunahme während des Betriebs aufweisen. Die Farbwalzen sollten exakt einstellbar sein und man muss sich bei FM auf leicht erhöhte Anforderungen an die Feuchtmittelführung einstellen. Schließlich sei auf standardisierte Bedingungen (Normalfärbung) Wert zu legen und die Kontrollen an den Druckplatten mit Messgeräten auf CCD-Basis durchzuführen.

Sehr offen sprach Ulrich Stetter über seine Erfahrungen mit der Lieferindustrie, die seinem Vorhaben, das „Staccato“ im Rollenoffsetdruck einzusetzen anfangs sehr ablehnend gegenüber stand. Das vorgebrachte Argument lautete: dies sei nur für den Bogenoffsetdruck entwickelt worden. Er empfiehlt seinen Kollegen, sich nicht von der Skepsis der Hersteller einschüchtern zu lassen und selbst Erfahrungen mit der Anpassung und Kalibrierung zu sammeln. Von Kundenseite sei ihm bei seinen Alleingängen die wenigsten Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden. Es genügte diesen der schlagende Beweis von Druckmustern mit kritischen Sujets. 90% seiner Aufträge werden so auch ohne die Anfertigung eines Proofs von den Kunden akzeptiert. Das liege allerdings auch daran, dass viele Stammkunden ihr ICC-Profil bereits an die Agenturen gegeben haben und so die Aufträge wie Wiederholaufträge behandelt werden können. Auch wurde inzwischen allgemein mit dem Vorurteil aufgeräumt, FM verlange längere Rechenzeiten als AM.

Zusammenfassend stellte Ulrich Stetter noch einmal die Vorteile der FM-Raster-Technologie wie folgt heraus: Erheblich bessere Druckqualität, ruhigere Verläufe, angenehme Hauttöne, keine Probleme mit dem Punktschluss und Wiedergabe feinster Strukturen in den Sujets. Dazu noch: keine Rosettenbildung, kein Moiré, keine unruhige Flächen, kurzum Halbton-Qualität. Nicht zu vergessen: die größere Prozess-Sicherheit und die höhere Wirtschaftlichkeit.

Die weiteren Ziele im Druckhaus Bayreuth betreffen: die Verwendung von FM mit hoch-pigmentierten Druckfarben, weitere Arbeiten zur Messung und Steuerung (wobei gegenwärtig eine russische Diplomandin der TU Chemnitz hilft), der bereits erwähnte Einsatz von FM im Zeitungsdruck und der Ausbau des Colormanagements. Er sei überzeugt, dass sich FM in nächster Zukunft auf breiter Front durchsetzen werde, denn das Druckergebnis sei besser und die Voraussetzungen (exakte Druckmaschine, CtP und Druckplatten) schon jetzt gegeben, schloss Ulrich Setter seinen mit viel Beifall aufgenommenen Vortrag. FM bringe den Offsetdruck weiter – so wolle er nur am Rande erwähnen, dass man erst kürzlich bei der Cortina von KBA festgestellt habe, dass die Moirébildung durch die Rasterwalze beim Kurzfarbwerk mit FM zum Verschwinden gebracht werden konnte.

In der nachfolgenden Diskussion wurde noch klargestellt, dass man die FM-Rasterung nicht auf konventionelle Rasterweiten umrechnen kann. Was die „Würmchen-Struktur“ bei den Mitteltönen der FM-Raster der 2. Generation betrifft, so werden diese vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen, da sie eine gewisse Regelmäßigkeit aufweisen. Erst ab 40 µm Druckpunktgröße wird die Sichtbarkeitsgrenze erreicht, weshalb im Zeitungsdruck max. 35 µm-Punkte eingesetzt werden sollen. Der Heatset-Rollenoffsetdruck zeige bei FM den Vorteil, dass kein Wegsacken der Druckpunkte ins Papier auftrete – die Punkte durch die Hitze der Trocknung quasi fixiert werden. Man sollte sich bewusst sein, dass der Korridor bei der FM-Produktion etwas enger wird, weshalb standardisiertes Arbeiten in Richtung Industrie vorausgesetzt werden muss. Wer dies in seinem Betrieb nicht sicherstellen kann, sollte besser die Finger davon lassen. Auf Mehrkosten angesprochen, erwiderte Urich Stetter, dass diese nur marginal seien (Software, Feuchtung). Es resultieren also dadurch keine höheren Preise für die Kunden, doch hält man mit FM die besseren Karten in der Hand.

Wer mehr wissen will, der möge Herrn Ulrich Stetter unter u.stetter(at)druckhaus-bayreuth.de direkt ansprechen.

Boris Fuchs