Untersuchung des dynamischen Verhaltens ausgesuchter Konfigurationen eines Modellfarbwerkes

Prof. Dr.-Ing. Helmut Rech

Die Abbildungen können über Links im Text aufgerufen werden. Zusätzlich befinden sich am Ende des Textteils Vorschaubilder, mit denen die Abbildungen ebenfalls aufgerufen werden können.

1. Einleitung

Beim Druckvorgang wird von den druckenden Stellen der Druckform bzw. des Gummituches Druckfarbe in Form einer dünnen Schicht auf den Bedruckstoff übertragen. Das prozessbedingende Feuchtmittel wird ebenfalls teilweise verdruckt bzw. verdunstet. Aufgabe des Farbwerkes ist es, die druckenden Stellen der Druckform stets mit frischer Farbe zu versorgen, damit der Druckprozess aufrechterhalten werden kann. Die Farbmenge, die „verdruckt“ wird, muss dem System wieder zugeführt werden. Die Mengenbilanz muss ausgeglichen sein, wenn Farbdichteschwankungen vermieden werden sollen. Die Mengenbilanz des Feuchtmittels muss ebenfalls ausgeglichen sein. Der Farbfluss ist abhängig vom Feuchtmittelfluss. Die qualitätsbestimmenden Kriterien sind somit:

  • Farbschichtdickenkonstans und Feuchtmittelmengenkonstans auf den druckenden bzw. nichtdruckenden Stellen der Druckplatte bzw. den bedruckten Stellen auf dem Bedruckstoff und
  • dynamisches Verhalten des Farbwerkes bei Erhöhung bzw. Erniedrigung der Farbschichtdicke auf dem Duktor (Hysterese des Farbwerkes).

Die Größen sind abhängig vom konstruktiven Konzept des Farbwerkes und des Feuchtwerkes einer Offsetmaschine, von der Rauhigkeit des Bedruckstoffes, der Mikrogeometrie der Druckplatte, des Gummituches und den rheologischen Eigenschaften der Druckfarbe.

2. Funktion eines Offset-Farbwerkes

Im Farbwerk erfolgt die Farbzufuhr entweder kontinuierlich durch eine Filmwalze oder diskontinuierlich durch eine oszillierende Heberwalze. Die Heberwalze empfängt von der Duktorwalze einen relativ dicken Farbstreifen und überträgt durch Abrollen einen Teil des Streifens der ersten Walze des Farbwerkes. Die Dosierung der eingespeisten Farbmenge erfolgt also durch Wahl des Walzenspaltes, der Winkelgeschwindigkeit (entspricht der Streifenbreite) und der Taktzeit des Hebers (Heberfrequenz). Der aufgebrachte Farbstreifen wird mehrfach gespalten und umgelagert, so dass die Farbauftragwalzen auf den druckenden Stellen des Plattenzylinders einen in seiner Dicke relativ konstanten Druckfarbenfilm erzeugen. Offsetdruckplatten zeichnen sich dadurch aus, dass sich druckende und nichtdruckende Stellen in einer Ebene befinden. Zur Separierung der druckenden Elemente von den nichtdruckenden wird das Feuchtmittel verwendet, das durch das Feuchtwerk möglichst als sehr dünner Film auf die Druckplatte aufgetragen wird. Ein Teil des Feuchtmittels wird verdruckt und der Rest wird verdunstet. Die „verdruckte“ Farbmenge und die verdruckte und verdunstete Feuchtmittelmenge müssen bei einer ausgeglichenen Mengenbilanz den jeweils zugeführten Mengen entsprechen. Ist dies nicht der Fall, ergeben sich zeitliche Veränderungen der mittleren Farbschichtdicke.

2.1 Störungen im Farbfluss

Die diskontinuierliche Farbzufuhr (System Heber- und Duktorwalze) sowie die diskontinuierliche Farbübertragung auf den Bedruckstoff (nichtdruckende und druckende Elemente auf der Druckplatte) bedingen, dass man nicht von einem kontinuierlichen Farbfluss sprechen kann. In dem vereinfachten Modell der Einfärbung mittels einer Farbauftragwalze soll die Entstehung von rückwirkenden Störeffekten [1] beim Farbauftrag demonstriert werden, siehe Abb.1. Die Feuchtmittelschicht soll bei diesem Modell zunächst unberücksichtigt gelassen werden. Vor der Einfärbung befindet sich auf der Farbauftragwalze eine Farbschicht mit der Dicke S1. Die druckenden Formelemente auf der Druckplatte tragen die Restfarbenschicht mit der Dicke S2. Nach dem Einfärben besitzt somit das druckende Element auf der Druckplatte die neue Farbschicht S4 und an der zugeordneten Stelle auf der Farbauftragwalze verbleibt die Farbschicht mit der Dicke S3. Bei Verwendung des Spaltungsfaktors αx ergeben sich die Farbschichtdicken S3 und S4 zu:

S4 =αx · (S1 + S2)
S3 = (1 – αx) · (S1 + S2)

Unmittelbar vor und nach der Stelle mit der Dicke S3 besitzt die Auftragwalze aber die Schichtdicke S1. Es entsteht so eine Sprungstelle in der Schichtdicke mit der Differenz ΔS = S1 – S3. Diese Differenz wird zwar bei weiteren Abrollungen mit der darüberliegenden Reiberwalze gemildert, aber nicht vollständig beseitigt. Diese Differenz zeigt sich dann in den bedruckten Stellen auf dem Bedruckstoff, so dass über den druckenden Elementen kein Druckfarbenfilm konstanter Dicke liegt, sondern ein mehr oder weniger ausgeprägtes Schichtdickenrelief, das die Druckqualität stark mindert [1, 2, 3, 4, 5, 6, 7].

3. Möglichkeiten zur Untersuchung der Einfärbequalität und des dynamischen Verhaltens von Offset-Farbwerken

Zur Untersuchung bzw. Entwicklung von Offset-Farbwerken gibt es zwei Wege:

  • den experimentellen Weg,
  • den theoretischen bzw. rechnerischen Weg mittels Computersimulation [6, 7].

Der experimentelle Weg setzt den Bau mehrerer Prototypen von Offset-Farbwerken (bzw. eines sehr variablen Prototyps) voraus, mit denen Druckversuche durchgeführt werden. Druckversuche sind zeitraubend und liefern häufig keine eindeutigen Ergebnisse. Zudem ist der Bau eines variablen Prototyps bzw. der Bau mehrerer Prototypen außerordentlich kosten- und zeitintensiv.

Die theoretische Berechnung des Farb- und Feuchtmittelflusses erweist sich immer als die weitaus kostengünstigere Untersuchungs- bzw. Entwicklungsmethode, die zudem wesentlich schärfere Entscheidungskriterien für die Wahl eines neuen Farbwerkkonzeptes liefert.

3.1 Theoretische Grundlagen der Simulation des Farb- und Feuchtmitteltransportes in Offset-Farbwerken

Zur Berechnung des Farb- und Feuchtmitteltransparentes müssen die Übertragungsfunktionen im Farbwerk sowie in der Druckzone definiert sein.

Die Farbübertragung in der Druckzone kann durch die von Walker und Fetzko [8] definierten Näherungsfunktionen gut beschrieben werden, siehe Abb. 2. Auch die Feuchtmittelübertragung in der Druckzone kann mit diesen Ansätzen ausgedrückt werden.

Die Farb- und Feuchtmittelübertragung im Farbwerk kann als grobe Näherung durch ein Zweistoffmodell definiert werden, siehe Abb. 3.

Bei dieser Modellvorstellung geht man davon aus, dass die Gesamtfeuchtmittelmenge WAB, die sich in einem Walzenspalt befindet, den Farbspaltungsfaktor stark beeinflusst. Der Farbspaltungsfaktor αx kann nicht mehr als Konstante wie beim Hochdruck aufgefasst werden, sondern ist abhängig von der Gesamtschichtdicke des Feuchtmittels im betreffenden Walzenspalt [9, 10, 11, 12], siehe Abb. 4.

Die Modellvorstellungen zur Farb- und Feuchtmittelspaltung wurden in früheren Arbeiten ausführlich diskutiert [6, 7].

Mit der in Abb. 4 skizzierten Übergangsfunktion kann die Farbspaltungsfunktion αx in Abhängigkeit von der Gesamtdicke des Feuchtmittels näherungsweise bestimmt werden.

Druckversuche und Einzelmessungen in Grundlagenuntersuchungen zur Bestimmung von xsp, ysp, bx, WTR und ß1 müssen noch durchgeführt werden.

Für vergleichende Farbwerkuntersuchungen ist jedoch die genaue Kenntnis dieser Parameter nur von untergeordneter Bedeutung, da der Konstrukteur vorwiegend wissen will, ob z. B. Farbwerk Typ A zu besseren Werten führt als Typ B oder umgekehrt.

Bei der rechnerischen Betrachtung des Feuchtmittelflusses muss jedoch nicht nur das „verdruckte“ Feuchtmittel betrachtet werden, sondern es muss berücksichtigt werden, dass Feuchtmittel auch verdunstet wird [13].

Die Verdunstung des Feuchtmittels wird mittels geeigneter Algorithmen abgebildet. Dabei sind die Hauptparameter die Luftfeuchtigkeit und die Raumtemperatur in unmittelbarer Nähe des Farbwerkes. Eine Verdunstung ist nur dann vorhanden, wenn die Walzenoberflächen mit dieser Maschinenumgebung in Berührung kommen. Bilden z. B. die Elemente des Farbwerkes einen Innenraum, so ist mit schneller Sättigung zu rechnen, d. h., Verdunstung findet in solchen Innenräumen nicht statt.

Für das theoretische Modell sind zudem folgende einschränkende Voraussetzungen zu treffen:

  1. Das Farbwerk arbeitet ohne Schlupf, die Walzen rollen exakt aufeinander ab.
  2. Die Auswirkungen der Changierbewegung werden nicht erfasst. Es wird eindimensional gerechnet.
  3. Die Anzahl der Schritte (auf dem Druckzylinder bzw. den Farbwerkwalzen) muss ganzzahlig sein. Die Ganzzahligkeit wird durch Auf- oder Abrundung erzielt.
  4. Das Farbschichtdickenrelief auf der Heberwalze vor dem Einlauf ist determiniert. Durch Wahl der Unterprogramme kann eine kontinuierliche (Filmfarbwerk) oder eine diskontinuierliche (Heberfarbwerk) Farbzufuhr realisiert werden.
  5. Die Schichtdicke des Feuchtmittels wird als konstant definiert (Filmfeuchtwerk).
  6. Der Feuchtmittelfilm befindet sich auf der Oberfläche der Feuchtwerkwalzen. Eine Feuchtmittelspeicherung in speicherfähigen Bezügen (z. B. Molton) kann mit den verwendeten Algorithmen nicht beschrieben werden.

3.2 Kennziffern zur Bewertung des Farbschichtdickenverlaufes auf dem Bedruckstoff und der Einfärbequalität

Für die Beurteilung der Farbwerksfunktion – letztlich also des Schichtdicken-Verlaufes auf der Druckform bzw. dem Bedruckstoff – sind entsprechende Qualitätsziffern erforderlich. Im Hinblick auf die Praxis, bei der eine Messung auf der Druckform sehr schwierig ist, wird vorzugsweise der Schichtdickenverlauf auf dem Bedruckstoff zur Beurteilung herangezogen. Dabei ist davon auszugehen, dass nur die bedruckten Stellen L1 und L2 etc. bewertet werden dürfen, siehe Abb. 5. Liegt der Schichtdickenverlauf S(i) in diskreter Form vor, so wird der arithmetische Mittelwert durch Summation der diskreten Werte gewonnen. Der arithmetische Wert Mittelwert SMittel des Schichtdickenverlaufes ergibt sich zu:

SMax = Maximalwert
SMin = Minimalwert

Dabei ist n = (i2 – i1) + … + (in – im) + (iD – in +1) die Gesamtheit aller betrachteten Schritte (= Länge der bedruckten Stellen, siehe Abb. 5).

Mittels der Werte SMax, SMin und SMittel kann man den Ungleichförmigkeitsgrad η bestimmen:

Der Ungleichförmigkeitsgrad η ist als die wichtigste Qualitätskennziffer anzusehen. Die Extremwerte werden dabei ganz deutlich bewertet. Andere Qualitätskennziffern der Statistik und der Informationstheorie können ebenfalls aus dem Schichtdickenverlauf bestimmt werden.

3.3 Dynamisches Verhalten eines Farbwerkes

Normalerweise wird eine Farbwerkssimulation mit einem „nichteingefärbten“ Farbwerk gestartet. Die Farb- und Feuchtmittelschichtdicken auf den Walzen bei der jeweils ersten Umdrehung besitzen den Wert S = 0.

Danach wird vom Heber bzw. der Firmwalze dem System Farbe zugeführt. Gleichzeitig wird Farbe auf den Bedruckstoff übertragen. Die mittlere Farbschicht steigt (einer verzerrten e-Funktion ähnlich) bis zu einem Sättigungswert an. Der Beharrungszustand ist erreicht.

Je nachdem, wie schnell das System diesen Beharrungs- bzw. Gleichgewichtszustand erreicht, spricht man von einem rasch oder träge reagierenden Farbwerk. Interessant ist es nun, zu beobachten, wie schnell bzw. träge ein Farbwerk reagiert, wenn die Farbzufuhr abgestellt wird. Um zu erkennen, ob sich zwischen Hochlaufen und Auslaufen eines Farbwerkes starke Unterschiede ergeben, kann quasi eine „Hysterese“ gebildet werden.

Die Hysterese wird so gebildet, indem man die Auslaufkurve um den halben Endwert der Anlaufkurve spiegelt und um NDREHZ/2 in den Ursprung verschiebt. Den eingeschlossenen absoluten Flächenanteil stellt die Hysterese dar. Ist der Wert dieser Fläche sehr klein, so verhält sich der Auslauf sehr ähnlich wie der Hochlauf. Bei einer Farbwerksteuerung ist es sehr interessant, zu wissen, ob wir die Farbschicht an einer bestimmten Stelle um einen Betrag ΔS erhöhen oder erniedrigen. 
Bei der Simulation geht man so vor, dass bis zu einer Exemplarzahl (NAB-1) über den Heber (die Filmwalze) Farbe eingespeist wird. Bei NAB wird die Farbzufuhr abgestellt. Der Ablauf wird dem Hochlauf gegenübergestellt. Die Hysterese kann bestimmt werden, siehe Abb. 6a und Abb. 6b.

Eine weitere Fragestellung bezüglich des dynamischen Verhaltens ergibt sich aus dem sprungartigen Schichtdickenanstieg nach einer Druckunterbrechung [14, 15]. Aus der Praxis sind Lösungen bekannt, die einen solchen Schichtdickenanstieg vermeiden. Man baut quasi Trennstellen im Farbwerk ein.

4. Prinzipieller Programmaufbau

Für diese theoretischen Unterordnungen wurde ein spezielles Modellfarbwerk herangezogen, siehe Abb. 7. Das Programm für dieses Farbwerk mit vier Auftragwalzen und einem unterschiedlich langen Walzenstrang vom Heber bis zur Auftragwalze IB2 besteht aus einem speziellen Hauptprogramm und mehreren systeminvarianten Unterprogrammen. In Abb. 8 ist ein stark vereinfachtes Strukturdiagramm desselben wiedergegeben. Im vorliegenden Fall wurde die Programmiersprache FORTRAN verwendet.

Am Programmbeginn stehen die mit „C“ definierten Kommentare mit einigen Grunderläuterungen, siehe Abb. 9. Danach werden der COMMON-Block sowie der DIMENSION-Block aufgeführt. Danach erfolgt das Einlesen der erforderlichen Daten durch READ-Befehle. Zum Zwecke der Dokumentation werden diese Daten durch WRITE-Befehle wieder ausgelesen. Anschließend werden einige Zwischenwerte und die Verdunstungsbeiwerte berechnet.

Die äußere Schleife definiert den Beginn einer neuen Umdrehung des Formzylinders. Die innere Schleife bewirkt, dass sich das Farbwerk quasi um einen Schritt weiterdreht. Das Gleichungssystem für den gesamten Farb- und Feuchtmitteltransport liegt in verschlüsselter Form vor. Für die entsprechenden Spaltstellen werden die jeweiligen Unterprogramme aufgerufen. In den entsprechenden Unterprogrammen erfolgt die Berechnung der Schichtindices sowie die Berechnung des Farb- und Feuchtmitteltransportes. Die Verdunstung des Feuchtmittels wird als Feuchtmittelschichtreduktion ausgedruckt.

Das UP RO10

Mit UP wird der Begriff Unterprogramm abgekürzt.

Das UP RO10 dient dazu, in einer beliebigen Spaltstelle im Farbwerk die auslaufenden Farb- und Feuchtmittelschichtdicken zu bestimmen. Das UP RO10 darf nicht verwendet werden für:

  1. Farbzufuhr
  2. Feuchtmittelzufuhr
  3. Farbauftrag auf Formzylinder
  4. Farbübertragung in der Druckzone
  5. Farbübertragung auf das Gummituch

Das Programm enthält den auch im Hauptprogramm vorhandenen COMMON-Block. Danach sind variable DIMENSION-Anweisungen enthalten. Die variable Indizierung hat den Vorteil, dass bei Änderung der Ausgabe der Dateneingabe keine Änderung der DIMENSION-Felder im UP zu erfolgen braucht.

Anschließend werden die Indizes KA und KB berechnet. Für die erste Umdrehung werden spezielle Annahmen getroffen. Die Transportgleichungen werden berechnet, wenn keine Trennfunktion vorliegt. Die Verdunstung – ausgedrückt als Feuchtmittelschichtreduktion – wird ermittelt.

Das UP RO20

Das UP RO20 wird benötigt, wenn die Farbzufuhr kontinuierlich erfolgt (z. B. Filmfarbwerk). Das UP RO20 ist im Prinzip wie das UP RO10 aufgebaut. COMMON-Block und DIMENSION-Block entsprechen denen des RO10.

Die Berechnung der Indizes KA und KB erfolgt in der gleichen Weise.

Zur Realisierung der kontinuierlichen Farbzufuhr wird die einlaufende Farbschichtdicke auf der Walze A immer konstant gesetzt. SA(KA) = S2 = constant. Die Rückübertragung der berechneten Werte in das Hauptprogramm erfolgt mit der Argumentenliste. Auch hier kann die Trennfunktion ausgeübt werden.

Das UP RO30

Das UP RO30 dient dem Farb- und Feuchtmittelauftrag auf dem Plattenzylinder durch die Farb- und Feuchtmittelauftragwalzen. In seiner Grundstruktur ist dieses Programm ähnlich aufgebaut wie RO10 bzw. RO20. Die Steuerzahl KDR definiert die druckenden und nichtdruckenden Elemente.

Es bedeutet:

KDR = 1, Farb- und Feuchtmittelauftrag finden statt KDR = 0, es wird keine Farbe übertragen, sondern nur Feuchtmittel.

Die Steuerzahl KFR definiert die Schrittzahlen des Kanals bzw. der Druckform. Bei KFR = 0 wird auch kein Feuchtmittel übertragen. Unterschreitet die Gesamtschichtdicke des Feuchtmittels die Grenze WGR, tritt „Tonen“ ein, d. h., es wird KDR = 1 gesetzt, so dass ein Farbauftrag erfolgt. Indizierung und Rückübertragung der Werte in das Hauptprogramm erfolgen in analoger Weise wie bei den bereits beschriebenen Unterprogrammen. Mit der Steuerzahl ITR wird die Trennfunktion realisiert.

Das UP RO40

Dieses UP dient der Farb- und Feuchtmittelübertragung in der Druckzone. Die Übertragungsfunktionen für Farbe und Feuchtmittel sind in Abb. 1. dargestellt. Die Bildung der Indizes sowie die Übertragung der berechneten Werte in das Hauptprogramm erfolgt analog wie bei den bereits behandelten Unterprogrammen. Mit der Steuerzahl ITR ist die Trennfunktion realisierbar.

Das UP RO50

Dieses UP dient der Realisierung einer kontinuierlichen Feuchtmittelzufuhr in das Feuchtwerk mit Trennfunktion. Analog zu den UP RO20 wird hier die Schichtdicke WB(KB) = S4 = const eingesetzt.

Die übrigen Programmfunktionen entsprechen in ihrem Aufbau denen der vorangegangenen Unterprogramme.

Das UP RO60

Das UP RO60 dient der Realisierung einer diskontinuierlichen Farbzufuhr (Heberfarbwerk) mit Trennfunktion. Die Heberstreifenbreite wird durch KBR festgelegt. Die Schichtdicke des Heberstreifens beträgt S2. Durch eine logische Abfrage wird entschieden, ob ein Heberstreifen wirksam wird. Die Kennzahl FIDA gibt den Heberrhythmus an. Ist z. B. FIDA = 4, so erfolgt bei jeder vierten Umdrehung des Formzylinders eine Farbeinspeisung.

Das UP RO70

Das UP RO70 dient der Farbübertragung auf den Gummizylinder.

Die Steuerzahl ITR definiert die Trennfunktion. Die Indizierung und Werterückübertragung erfolgt wie bei den anderen Unterprogrammen.

Das UP RO 0022

In diesem Unterprogramm werden nach jeder erfolgten Umdrehung des Formzylinders die unter 3.3 genannten Qualitätsziffern berechnet. Die Qualitätsziffern sowie die Extrem- und Mittelwerte werden mit einem entsprechenden Text ausgeschrieben. Ist die vorgegebene Endumdrehungszahl NDREHZ erreicht (in den meisten Fällen werden 400 Umdrehungen vorgegeben), so wird das berechnete Schichtdickenrelief vom Drucker im Diagramm SM = f(KM) dargestellt.

Das UP PROGN1

Das UP PROGN1 darf nur aufgerufen werden, wenn eine kontinuierliche Farbzufuhr erfolgt. Mit diesem Unterprogramm ist es möglich, bereits nach ca. 15 bis 20 Umdrehungen die Anfangsbedingungen zu überprüfen und genügend genau zu korrigieren. Der Wert S2 auf der Heberwalze wird dahingehend abgeändert, dass sich nach 100 Umdrehungen Laufzeit eine mittlere Schichtdicke von 1.0 + 0.1 μm auf dem Bedruckstoff ergibt. Eine Prognoserechnung dieser Art ist nur deswegen möglich, weil die Simulation des Farbtransportes bei Annahme eines völlig farbfreien Farbwerkes gestartet wird, so dass der zeitliche Verlauf der mittleren Schichtdicke einer verzerrten e-Funktion entspricht. Nach 50 bis 70 Umdrehungen erreicht die mittlere Schichtdicke ihren Endwert. Durch manuelles Korrigieren würden die Bearbeitungszeiten unnötig in die Länge gezogen werden. Dieses Prognoseprogramm gestattet es, in einem Rechengang vergleichbare Werte der mittleren Schichtdicke zu erzielen. Das Prognoseprogramm hat also nur eine reine Hilfsfunktion und dient dem Bearbeitungskomfort.

In der Abb. 9 ist ein Ausschnitt aus dem Hauptprogramm TYPAZ dargestellt, in welchem die Bedeutung der Steuerzahlen KFALL1, KFALL2, KFALL3 und KFALL4 kurz erläutert wird.

Nach Beendigung der inneren Schleife wird das UPRO 0022 aufgerufen, das für die gerade erfolgte Umdrehung den Ungleichförmigkeitsgrad sowie Extrem- und Mittelwerte des Farbschicht- und Feuchtmittelschichtverlaufes berechnet.

Danach werden Zwischenwerte und gegebenenfalls Prognosewerte errechnet. Die äußere Schleife wird beendet. Danach kommt der STOP, END-Befehl. Alle Programmteile sind in FORTRAN 7 geschrieben. Ein leistungsfähiger PC liefert die Endresultate innerhalb weniger Stunden.

5. Untersuchungsergebnisse

Die Computersimulation bietet eine Reihe von Ergebnissen für die jeweils untersuchte Farbwerkskonzeption.

5.1 Hystereseuntersuchungen

Das in Abb. 7 dargestellte Farbwerk kann durch Modifikation der Steuerzahlen KFALL1 bis KFALL4 modifiziert werden.

Das Farbwerk wurde durch die Wahl der Steuerzahlen:

  • KFALL1 = 2
  • KFALL2 = 1 bis 3
  • KFALL3 = 6
  • KFALL4 = 4

so modifiziert, dass sich auf der Walze IB2 keine Reiterwalzen befinden. Die Walzen IB5, IB4, IB3, IE2, IE1 waren außer Funktion. Die Farbzufuhr war kontinuierlich (KFALL1 = 2), die Walzenzahl zwischen Heber IK0 und IC7 konnte durch KFALL2 modifiziert werden.

Die Ergebnisse sind in der Tabelle 1 dargestellt.

Deutlich wird erkennbar, dass mit größerer Kettenlänge die Hysterese ansteigt, also der Unterschied zwischen Hochlauf und Auslauf stärker wird.

KFALL1 = 2 KFALL3 = 6 KFALL4 = 4
KFALL2 Walzen der Kette umfasst Hysteresefläche
1 ID7, ID6, ID5, ID4, ID3, ID2, IC7, IB2 10,92 Einheiten
2 ID7, ID4, ID3, ID2, IC2, IB2 8,18 Einheiten
3 ID7, ID2 6,90 Einheiten
IC7, IB2

Wird das Farbwerk so wie in Abb. 7 dargestellt berechnet, der Hebertakt FIDA jedoch variiert, so ergeben sich die in Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse. FIDA definiert die Zahl der Zylinderumdrehungen zwischen zwei Farbeinspeisungen.

KFALL1 FIDA Hysteresefläche
1 13,57 Einheiten
2 1,0 6,43 Einheiten
2,0 8,03 Einheiten
2 3,0 9,61 Einheiten
2 5,0 11,76 Einheiten

Bei dieser Untersuchung wird deutlich, dass bei der kontinuierlichen Zufuhr der Hysteresewert denjenigen bei diskontinuierlicher Zufuhr übersteigt. Es wird zudem ersichtlich, dass der Anlauf wesentlich rascher erfolgt als der Auslauf, siehe Abb. 10.

Wird der Wert für FIDA, welcher die Zahl der Zylinderumdrehungen zwischen zwei Einspeisungen definiert, zu groß gewählt, so wird deutlich, dass der Hochlauf deutlich langsamer als der Auslauf erfolgt. Ferner ist eine starke Welligkeit der mittleren Farbschicht zu beobachten, siehe Abb. 11.
5.2 Schichtdickenerhöhung bei Druckunterbrechung

Aus der Praxis ist bekannt, dass nach einer Druckunterbrechung auf dem Druckexemplar oftmals eine zu große Farbschichtdicke beim ersten Druckexemplar nach dem Wiederanfahren vorliegt. Um dieser Schichtdickenerhöhung nach einer Unterbrechung vorzubeugen, wird im Farbwerk häufig eine Trennstelle eingebaut. Diese Trennstelle unterbindet z. T. den Schichtdickenausgleich zwischen den Walzen ID2 und IC7, wenn die Druck-, Farb- und Feuchtmittelzufuhr abgestellt werden.

Auf der Zeitachse definiert der Begriff Drehzahl die Zahl der gedruckten Exemplare. Ohne Trennstelle im Farbwerk ist mit einer Schichtdickenerhöhung von fast 30% zu rechnen, siehe Abb. 12a. Bei schwierigen Sujets, Druckfarben und Papieren kann eine solche Schichtdickenerhöhung zum Rupfen führen. Wird eine Trennstelle zwischen ID2 und IC7 vorgesehen, so ist nur eine Erhöhung von ca. 2% zu beobachten, siehe Abb. 12b.

5.3 Einfärbequalität

Die ideale Einfärbung liegt dann vor, wenn der Ungleichförmigkeitsgrad 0 beträgt. Dieser ideale Fall kann bei konventionellen Farbwerken nicht realisiert werden. Man sollte dennoch bei der Konzeption von Farbwerken einen Ungleichförmigkeitsgrad unter 3% anstreben.

Für die vergleichenden Untersuchungen wurde eine kontinuierliche Farbzufuhr (KFALL1 = 1) angenommen. Durch diese Betrachtungsweise kann festgestellt werden, in welchem Maße das Farbwerk Störungen, herrührend von der unterbrochenen Druckform, abbaut.

Für den Fall, dass nur die Auftragwalze IB2 als einzige Auftragwalze in Funktion ist und die Walzen IB3, IE1, IB4, IE2 bis IB5 außer Funktion sind, wird die Glättungswirkung der Reiterwalzen IC6 bis IC2 untersucht.

Die Ergebnisse sind in der Tabelle 3 zusammengestellt.

KFALL3 = 1 KFALL2 = 1 KFALL4 = 4
KFALL3 Reiterwalzen im Einsatz Ungleichförmigkeitsgrad η
1 IC6, IC5, IC4, IC3, IC2 1,40%
2 IC5, IC4, IC3, IC2 2,11%
3 IC4, IC3, IC2 3,99%
4 IC3, IC2 7,03%
5 IC3 11,99%
6 keine 24,77%

Wenn alle Reiterwalzen im Einsatz sind, ergibt sich ein sehr niedriger Ungleichförmigkeitsgrad von η = 1,40%. Werden alle Reiterwalzen entfernt, ergibt sich ein unakzeptabler Wert von η = 24,77%.

Bei der Gegenüberstellung der Schichtdickenprofile, aufgetragen über der abgewickelten Drucklänge in Abb. 13a und Abb. 13b ist der große Unterschied in der Einfärbequalität deutlich zu sehen.

Wird die Computersimulation für das in Abb. 7 dargestellte System durchgeführt (alle Reiterwalzen auf IB2 in Funktion und IB5, IE2, IB4, IE1 sowie IB3 im Einsatz), ergibt sich ein Ungleichförmigkeitsgrad von η = 2,71%. Der höhere Wert – verglichen mit dem in Tabelle 3 dargestellten Bestwert – kommt dadurch zustande, dass die Auftragwalzen IB5, IB4 und IB3 keine Glättungswalzen besitzen. Es können also Rückwirkungen quasi sofort über diese Auftragwalzen kurzgeschlossen werden.

Eine Verschlechterung ist dann gegeben, wenn die Glättwalzen IC6 bis IC2 auf der Walze IB2, welche den Hauptanteil der Druckfarbe der Druckform zuführt (Vorderlastigkeit), entfernt werden. Es ergibt sich ein η = 4,09%.

Dieser Vergleich zeigt sehr anschaulich, dass die Einfärbequalität nicht etwa von der Anzahl der Farbwerkswalzen abhängt, sondern vom Konzept des Farbwerkes. Zur Wahl günstiger Konzepte wurden schon mehrfach Empfehlungen [7, 10, 11, 12, 15] gegeben.

6. Zusammenfassung

Die Computersimulation ist ein geeignetes Mittel, um Offsetfarbwerke zu optimieren bzw. unterschiedliche Farbwerkskonfigurationen vergleichend zu analysieren. Die Computersimulation liefert als Hauptergebnis den Verlauf der Farbschichtdicke auf dem Bedruckstoff. Mit Hilfe des Ungleichförmigkeitsgrades η kann dann eine Bewertung der Einfärbequalität erfolgen. Zusätzlich erhält man bei der Simulation die mittlere Farbschichtdicke über dem Bogen für jede Umdrehung. Durch entsprechende Steuerung der Simulation kann ein „farbfreies“ Farbwerk gestartet werden. Nach einer vorgegebenen Umdrehungszahl und nach Erreichen des Gleichgewichtszustandes wird die Farbzufuhr unterbrochen. Die Farbe wird quasi restlos verdruckt.

Die sich ergebende Hysterese entspricht der Abweichung zwischen der Kurve der Farbzunahme und der Farbabnahme. Dieses Hystereseverhalten ist für die Auslegung von regelungstechnischen Systemen für die Farbsteuerung von großer Bedeutung.

Es ist somit nicht gleichgültig, ob eine Schichtdickenerhöhung oder eine Erniedrigung vorgenommen wird. Es empfiehlt sich, für jedes Farbwerk ein entsprechendes Kennfeld oder einen Algorithmus für das regelungstechnische System zu entwickeln, damit die Makulatur minimiert werden kann.

Ferner kann durch den Einsatz von Trennstellen im Farbwerk eine zu starke Schichtdickenerhöhung beim Wiederanfahren nach einer Druckunterbrechung vermieden werden.

7. Literatur

1. Rech, H.:
„Untersuchung von rückwirkungsfreien Farbauftragsystemen im Offsetdruck“, BVD/FOGRA, Wiesbaden/München (1981)

2. Kaufmann, C.:
„Druckqualität und Farbfilmstärke auf Walzen und Form“, Polygraph 11 (1955)

„Untersuchungen zur Farbverteilung in Farbwerken von Rotationsmaschinen des Hoch- und Flachdruckes“, Diss. TH Karl-Marx-Stadt, Institut für Polygraphische und Papiermaschinen (1965)

„Farbmengen in Farbwerken von Druckmaschinen“, Diplomarbeit Nr. 110, TH Karl-Marx-Stadt

„Konstruktion und Berechnung polygraphischer Maschinen, Tiegel- und Flachformmaschinen“, Moskau und Leningrad (1949)

6. Rech, H.:
„Beiträge zur experimentellen und rechnerischen Untersuchung des Farbtransports in Walzenfarbwerken von Druckmaschinen“, Diss. TH Darmstadt (1971)

7. Rech, H.:
„Rechnergestützte Entwicklung von Farbwerken in Druckmaschinen“, Der Polygraph (1981)

8. Walter, W.G. Fetzko, J.M.:
„A Concept of Ink Transter in Printing“, American Ink Maker 33, (1955)

„Die Feuchtung im Offsetdruck“, Vortrag an der Technischen Akademie in Esslingen am 30.01.1984

10. Rech, H.:
„Möglichkeiten und Grenzen der rechnergestützten Analyse von Offsetfarbwerken, Teil I bis IV, druck-print 8, 9, 10, 11 (1984)

11. Rech, H.:
„Entwicklung eines neuen Farbwerksystems für den Kleinoffsetdruck“, BVD-Tagung 1980, Mannheim

12. Rech, H.:
„Optimierung von Farb- und Feuchtwerksystemen von Druckmaschinen“, Forschungsbericht Universität Hamburg 1985, FB 06, Institut 11

„Beiträge zur Optimierung von Walzenfarbwerken von Offsetdruckmaschinen unter besonderer Berücksichtigung der Verdunstung des Feuchtmittels. Dissertation“, Hochschule der Künste Berlin, 1993

14. Rech, H.:
Vortrag bei ADVANCES IN DIGITAL PRINTING, 20.-23.03.1996, Zürich

15. Kipphan, H.:
„Handbuch der Printmedien“, Kap. 2.1 und Kap. 13, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2000