Direktgravur – Ausblick in die Zukunft des Flexodrucks

Markus Mühlfeit, Projektleiter Flexodruckplatten-Direktgravur bei BASF Drucksysteme GmbH in Stuttgart-Feuerbach und Absolvent der HdM in Stuttgart, war der Vortragende bei diesem 5. IDD-VDD-Seminar im Winterhalbjahr 2003/2004. Er begann mit der Geschichte des Flexodrucks, die bekanntlich mit der Patenterteilung auf eine Gummidruckplatte an J.A. Kingsley 1853 in USA begann. 1890 bauten Baron and Sons in Liverpool, England, die erste Anilindruckmaschine – so nannte man damals den Flexodruck. Wegen der geringen Werbewirksamkeit der Namensverbindung mit „Anilin“ wechselte man später zu der Bezeichnung Flexodruck. (Der Begriff Anilindruck rührt wahrscheinlich von den bunten, in Alkohol gelösten Anilinfarbstoffen her, die man damit hauptsächlich verdruckte, während der Flexodruck die flexible Druckform als Pate benennen kann).

Entwicklungen der Neuzeit sind der Einsatz von Photopolymerplatten zur Qualitätsverbesserung 1970, die Einführung des CtP-Ablationsverfahrens 1995 (Zweistufen-Verfahren mit Laserbelichtung einer schwarzen Maske, durch die die eigentliche Belichtung zur Herstellung des Druckreliefs erfolgt) und schließlich die Direktlasergravur im Jahre 2000 zur Prozessvereinfachung. (Anm.: 1974 ließ der Zeitungskonzern Gannett in USA zwei Lasergraviermaschinen für Buchdruckformen von der Laser Graph Systems Corp. anfertigen, die sich jedoch wegen des hohen Energieverbrauchs nicht durchsetzen konnten. Weitere Anwendungsfälle der Lasergravur in unserer Branche sind aus dem Tiefdruck bekannt).

Waren bei den Photopolymer- und CtP-Ablationsverfahren mehrere Prozessschritte (Vorbelichtung, Belichtung, Auswaschen, Trocknen und Nachbehandlung) zwischen Prepress und Druck erforderlich, so kann die Direktgravur diese Zwischenschritte umgehen. Die Durch-laufzeit verkürzt sich so auf 1,5 Std./ m² gegenüber mindestens das Doppelte bei ersteren. Außerdem biete die Kontrollierbarkeit der Prozesskette mehr Produktionssicherheit und damit eine reproduzierbare Qualität. Bei den Lasern handelt es sich um Hochleistungs-CO2-Laser mit Leistungsstärken von 500-1000 W. Bei BASF hat man sich für ein Dreistrahl-System entschieden, wobei sich die 3 hintereinander angeordneten Laserstrahlen die Arbeit differenziert in Höhen- und Tiefengravur teilen. Das verdampfte Plattenmaterial (materialgefüllte Plasmawolke) muss während des Graviervorgangs abgesaugt werden.

Faktoren, die den Gravurprozess beeinflussen sind: die Prozessparameter (Vorschub, Absaugung, Strahldurchmesser), der Laser und seine Optik (Wellenlänge, Ausgangsleistung, Strahlqualität) und die Materialeigenschaften der Druckplatten (optische Eigenschaften, thermophysikalische Eigenschaften). Der Vorteil der Direktgravur mit der Mehrstrahltechnik liegt in der stufenlos kontrollierbaren Punktform, der modulierten Laserleistung, der drei-dimensionalen Wirksamkeit und dem gezielten „Tieferlegen“ der Punkte. Der gravierte Punkt trägt an der Oberfläche eine Kappe mit steilen Flanken, während der darunter liegende Sockel flacher bis steiler geformt werden kann. Durch die Kappenstruktur der Oberfläche verändere sich die Punktfläche und damit das Druckergebnis bei Abnutzung der Form nicht.

An Hochleistungslasern stehen der Excimer-Laser (exited dimer) bei 308 nm., der Nd:YAG-Laser bei 1064 nm und der CO2-Laser bei 10,64 μm Wellenlänge zur Verfügung. Der CO2-Laser habe gegenüber dem Nd:YAG-Laser den Vorteil, dass er bei der Punktgravur auf keine Überlappung angewiesen sei und dadurch mehrere Abstufungen durch Variation des Laserstrahldurchmessers erlaube. Bei Vollflächen werde eine regelmäßige Struktur in die Oberfläche der Form gebrannt, damit sie so eine konstantere Farbübertragung ermöglicht. Dieser verbesserte Kontrast mache sich besonders beim Druck von EAN-Strich-Codes auf Lebensmittelverpackungen positv bemerkbar.

Die BASF Graphische Systeme bietet vier verschiedene Druckplattentypen für die Laserdirektgravur an: hart, mittelhart, weich und für UV-Farben geeignete. Die mittelharte LD-Platte weist eine Härte von 57° Shore A auf und ist nur in einer Stärke von 1,14 mm lieferbar. Sie ist besonders für Etiketten, Faltschachteln etc. geeignet. Die weiche LD1-Platte kommt auf 40° Shore A und wird in den Stärken 1,14, 1,70, 2,54 und 2,84 mm geliefert. (Die verschiedenen Stärken ergeben sich durch die unterschiedlichen Unterschnitte bei den dazu eingesetzten Druckmaschinen). Sie ist hauptsächlich für saugfähige Bedruckstoffe, wie Wellpappen Preprints und Briefumschläge gedacht. Schließlich gibt es noch die harte LD2-Platte von 62° Shore A, die vornehmlich bei flexiblen Verpackungen eingesetzt wird.

Mittels REM-Aufnahmen demonstrierte Herr Mühlfeit die unterschiedliche Flankensauberkeit bei konventionellen Kautschuk-, bei Silikonkautschuk- und Polymer LD-Platten, wobei sich klar die Überlegenheit von letzterer zeigte. Ein Zwischenrufer wies jedoch darauf hin, dass die Qualitätsbreite bei den verschiedenen Kautschuksorten enorm sei, was Homogenität, Abriebfestigkeit und chemische Beständigkeit anbelange, weshalb der Vergleich ohne Angabe der Qualitätssorte nicht aussagekräftig sei. Dies wurde von Herrn Mühlfeit akzeptiert.

Die Firma BASF Drucksysteme GmbH vertreibt neben Druckplatten und Druckfarben auch Lasergraviermaschinen, die man von einem Partner im österreichischen Kufstein fertigen lässt und unter der Bezeichnung „BASF Direct Engraver BDE 4131“ auf dem Markt anbietet. Eine Besonderheit bei dieser Maschine besteht darin, dass beim Gravieren nicht der Laser, bzw. sein Spiegel, sondern der den Abtast- und Gravierzylinder tragende Schlitten auf dem Maschinenbett bewegt wird. Das stelle den stets gleichen Abstand zwischen dem Laser und dem Graviergut sicher. Die Laserkanone liegt parallel zu den beiden Zylindern und sendet ihre drei Strahlen über Spiegel um 90° abgelenkt auf die drei, je um 4,5 mm versetzten Linsen des Laserkopfes, um so senkrecht auf das auf dem Gravierzylinder aufgespannte Graviergut zu treffen. Die Druckform-Aufnahme kann dabei eine magnetische sein, doch lassen sich auch Luftzylinder und Sleeves mit konischen Spreizdornen einsetzen.

Die Abmessungen der Laser- Graviermaschine BDE 4131 betragen 4500 x 1300 x 1600 mm. Die Laserleistung beträgt zwischen 150 und 250 W in Multibeam-Technology bei einer Spotgröße von 25 μm. Die Drehzahl wird mit 250 bis max. 1800 Umdr./min angegeben und der Vorschub ist auflösungsabhängig (1270-2032 dpi) zu wählen. Als Datenformat wird TIFF bevorzugt, doch können auch eine Reihe von anderen Formaten verarbeitet werden. Gängige Rasterweiten sind 42 und 48 L/cm – auch 60 L/cm können erreicht werden. Seit der drupa2000 wurden bereits 400 Maschinen weltweit abgesetzt. Es ist im Markt eine Tendenz zu Firmenzusammenschlüssen zu beobachten (um Markenartikler mit konstanter Druckqualität europaweit bedienen zu können), weshalb eine Auslastung der Maschinen im 2- und 3-Schichten-Betrieb, wie sie für die Amortisation der Anlage notwendig ist, keine Schwierigkeiten bereiten sollte.

Wie wichtig das Gravur-Know-how auch bei einem automatisierten System wie der Laser-Direktgravur ist, bewies Herr Mühlfeit mit den REM-Aufnahmen eines Passerkreuzes auf zwei Flexoplatten. Während Laser A ein stark ausgebildetes Relief zeigte, war dieses bei Laser B nur schwach vorhanden. Über die Gründe entwickelte sich eine lebhafte Diskussion: War es die mangelhafte Einstellung bei der Software (Flanken- und Punktform-Definition) oder der Mangel an geeigneten Proof-Verfahren?

Die Nachreinigung der gravierten Druckform geschieht mit Rundbürsten ca. 60 Sek. lang in einer speziellen Vorrichtung – evtl. auch unter Anwendung des Reinigungsmittels „Print-clean“. Bei der Abluftreinigung und Filterung des ablatierten Materials, der Polymerpartikel und der niedrig-molekularen Fragmente biete sich die Filterung mittels Aktivkohle an. Wenn eine thermische Nachverbrennung vorhanden sei, könne auch diese dazu verwendet werden. Zum Schluss wies Herr Mühlfeit noch auf die Vorteile der Lasergravur bei Nahtlos / Endlos-Formen hin, wie sie im Verpackungsdruck gebraucht werden. Mit „cutting – mounting – merging – reinforcing – engraving“ arbeite man daran intensiv bei BASF Drucksysteme in Stuttgart-Feuerbach.

Bei der anschließenden Diskussionsmöglichkeit unter der Moderation von Prof. Dr.-Ing. Edgar Dörsam, von der schon während des Vortrags reger Gebrauch gemacht wurde, ging Herr Mühlfeit auf die Zukunftschancen des Flexodrucks etwas näher ein. Er sei überzeugt, dass die Direktgravur besonders im Sektor flexibler Verpackungen ihre Marktstellung noch ausbauen werde. Es seien leistungsfähigere Laser und größere Datenraten bei der Übertragung denkbar, was zu höheren Graviergeschwindigkeiten führen werde. Auch könne sich die Anzahl von Laserstrahlen noch bis auf 8 erweitern lassen. Ein Autofokus-System sei schon heute anwendbar.

Auf den Erfahrungsaustausch mit der Praxis des Flexodruckverfahren im Zeitungsdruck angesprochen, insbesondere, was die geringere Stärke der Druckplatten anbelangt, wurde Herrn Mühlfeit die Information herausgelockt, dass BASF Drucksysteme dazu bei der drupa2004 in Düsseldorf mit einer Neuigkeit aufwarten werde. Selbstverständlich handle es sich dabei um ein ganz anderes System, als das im Verpackungsdruck angewandte. Schließlich verbiete sich dieses schon durch den Zeitfaktor. Doch sei es schwierig die verschieden Anforderungen, wie sie in Italien, in England und in den USA – den Ländern, die seither schon das Flexodruckverfahren bei Zeitungen einsetzen – unter einen Hut zu bringen. Das Auditorium dankte dem Referenten mit einem lang anhaltenden Applaus.

Dipl.-Ing. Boris Fuchs