Zusammenfassung des Vortrages

Persönliche Notizen

vom VDD / IDD-Seminar „Wertzeichendruck von der Rolle“, Ref. Dr. Felix Berg 

niedergeschrieben zur Vorbereitung auf eine IADM-Jahrestagung Wertzeichendruck

Dr. Felix Berg ist Vice President High Security Printing bei der Drent Goebel GmbH Darmstadt (Nachfolgeunternehmen der in Konkurs gegangenen Maschinenfabrik Goebel GmbH) und 1. Vorsitzender des VDD = Verein Deutscher Druckingenieure e.V. mit Sitz an der Tech-nischen Universität Darmstadt, Institut für Druckmaschinen und Druckverfahren (IDD). In Personalunion ist er seit Beginn dieses Jahres gleichzeitig (am Montag und Dienstag jeder Woche) Geschäftsführer des Sächsischen (Forschungs-) Institutes der Druckindustrie GmbH (SID) und der Polygrafische Innovative Technik GmbH (PITSID), beide in Leipzig. Dr. Berg ist Physiker und hat am IDD der TUD unter Prof. Dr. Christoph Hars promoviert. Er ist gern bereit, uns bei der Informationsbeschaffung zu einer IADM-Jahrestagung über Wertzeichen-druck behilflich zu sein und nannte mir als andere Quellen einen Herrn Zimmermann im Haus für Industriekultur in Darmstadt (ehem. Goebel-Mitarbeiter) sowie den ehem. Geschäftsführer der Firma Goebel, Dipl.-Ing. Hermann Thomas, Mozartweg 40, 64287 Darmstadt, hermann.thomas-darmstadt[at]t-online.de

Dr. Berg begann sein Referat am 12. Januar 2006 im Haus für Industriekultur in Darmstadt vor 25-30 Zuhörern des VDD, des IDD und des FDI Bezirk Darmstadt mit einem Überblick, was alles unter die Oberbezeichnung „Wertzeichendruck“ fällt, wobei er gleichzeitig den Prozentsatz angab, wie viel in Bogenform und wie viel in Rollenform gedruckt wird.

Banknotendruck (Bogen 95%, Rolle 5%)

Briefmarkendruck (Bogen 25%, Rolle 75%)

Bankschecks (Bogen 50%, Rolle 50%)

Aktien, Obligationen (Bogen 100%, Rolle 0%)

Steuerbanderolen (Bogen 20%, Rolle 80%)

Sicherheitsdokumente (Bogen 60%, Rolle 40%)

Tickets, Gutscheine etc. ( Bogen 30%, Rolle 70%)

Banknotendruck:

Für eine erhöhte Fälschungssicherheit werden angewandt:

Kombination verschiedener Druckverfahren,

Einsatz von Sonderdruckfarben,

Druckverfahren mit komplexer Vorstufe,

Verwendung spezieller Materialien.

Neben den konventionellen Druckverfahren Offsetdruck, Buchdruck, Siebdruck, Tiefdruck und Flexodruck (für Lackierung und Sonderschichten) kommen als Sonderdruckverfahren Stahlstichdruck (engl. Intaglio), Simultandruck (Vorder- und Rückseitendruck gleichzeitig und deckungsgleich), Nummerndruck (mechanisch im Buchdruck – jede Banknote muss eine Identnummer aufweisen, die keine zweite Banknote haben darf), Siebdruck mit zweimaliger Trocknung mittels Heißluft und UV (dabei die Farbe wechselnd) und Prägefoliendruck (Holo-grammstreifen, meistens mit Stahlstichüberdruck zur Erhöhung der Fälschungssicherheit)

Bei der Vorstufe sind es zur Erhöhung der Komplexität Galvanik, Ätztechnik. Molletieren, Gravur und spezielle Raster, wobei Letzteres die Öffentlichkeit meistens nicht merkt, d. h. die Sicherheit nur für den Spezialisten gegeben ist. Ebenso verhält es sich bei den Hologrammstreifen – fast niemand erinnert sich genau, was wirklich darauf abgebildet ist, und beliebig bebilderte Hologrammstreifen gibt es in jedem Supermarkt zu kaufen.

An Materialien kommen speziell zusammengesetzte Druckfarben, spezielles Papier mit Wasserzeichen und Metallstreifen, immer häufiger auch Polymere und Faserzusätze (zur Erzielung von so genanntem „feathering“ = federartige Farbverläufe entlang der Fasern im Papier) zum Einsatz.

Weitere Sicherheitselemente: 

Intagliodruck: Der Stahlstich prägt mit einem Druck von 1 t/cm Druckzone das Papier, sodass es eine spezielle Griffigkeit erhält und ein quasi metallisches Geräusch beim Anfassen abgibt. Die Farbschichtstärke beträgt oft 100-120 m und wird mitunter mittels Elektronenstrahlen „getrocknet“.

Intaglio-4c-Orlof-Druck (auch als Verfahren von Serge Beaume bekannt). Die Stahlstich-form wird dabei mit Niloprint-Schablonen (früher Filz) auf den Farbauftragwalzen eingefärbt, sodass Farbverläufe auftreten, die im Offsetdruck nicht imitierbar sind.

Intaglio-Mikroschrift innerhalb der Guillochen (Ornamentmuster) des Stahlstichs. Auch im Offsetdruck, indirekt oder nass, angewandt.

Offset-4c-Orlof-Druck wie im Stahlstichdruck (Intaglio-Orlof, nur eine Platte über Nilo-print-Schablonen eingefärbt).

Offset-Durchsichtdruck mit durchscheinenden Ziffern, von denen ein Teil im Schön- und der andere Teil im Widerdruck aufgebracht sind.

Siebdruck OVI (optical variable inks) erzeugen nach der Trocknung mit Heißluft und UV-Licht schattierte Verläufe (Spezialität der Farbenfabrik SICPA in der Schweiz).

Siebdruck Iriodinfarben vermitteln dem Druck einen schillernden Perlmuteffekt (Spezialität der Firma Merck AG in Darmstadt).

Hologrammstreifen mit Intaglio-Überdruck, da der Hologrammstreifen allein nicht sicher genug ist.

Buchdruck-Nummerierung meistens noch mechanisch wegen höherer Fälschungssicherheit.

Das „magische“ Dreieck: Es wird gebildet aus Maschine – Farbe – Papier. Nur wer diese drei Komponenten beherrscht, kann wirklich Banknoten drucken. Dieses Postulat wurde in der „Gründerzeit“ nach dem Zweiten Weltkrieg von den Pionieren Gualtiero Giori, (Konstruktion in Lausanne) Siegfried Otto (Druck und Papier bei Giesecke & Devrient in München) und Albert Amon (SICPA-Druckfarben) aufgestellt. Als Maschinenhersteller im Bogendruck gewannen sie die Firma Koenig & Bauer mit Chefkonstrukteur Germann.

Danach erklärte Dr. Berg die neueste Drent-Goebel-Banknoten-Rollendruckmaschine, die im letzten Jahr bei der Nationalbank von Algerien in Betrieb genommen wurde und die er als die zurzeit modernste bezeichnete. (Sein Vortrag, der schon im letzten Jahr angesagt war, musste seinerzeit wegen einer Verzögerung bei der Maschinenabnahme in Algerien, die seine Anwesenheit erforderlich machte, verschoben werden). Die Maschine (Druckgeschwindigkeit 80-120 m/min bei 68 cm Bahnbreite = 4 Banknoten breit) mit einer Länge von 25 m, 5 m Höhe und 5 m Breite, besteht aus folgenden Maschinenaggregaten:

Non-Stop-Papierabrollung in Stumpfklebetechnik mit Bahnspeicher und Klebetisch, zur Maschine quer stehend, d. h. Bahnzuführung über Wendestange.

Inkjet-Sicherheitsnummerierung am Bahnrand (wird später entfernt) zur Verfolgung des in die Maschine einlaufenden Papiers über Video-Aufzeichnungen.

Papier-Konditionier- und Reinigungswerk.

Zuggruppe

OVI- Druckwerk mit Heißluft-Trockenstrecke und 3 UV-Lampen.

Bahn-Vorfeuchtung für den Stahlstichdruck (Intaglio).

Offset-4c-Orlof-Druckeinheit.

Intaglio-4c-Orlof-Druckeiheit.

Bahnbeobachtungsgerät

IR-Trocknung

Kühlwalzen

Spiegelbildliche Wiederholung der zwei Druckeinheiten für den Widerdruck. Drei hintereinander geschaltete Buchdruck-Nummerierwerke. Randstreifen-Entfernung. Bahnaufrollung.

Alle Druckeinheiten und Hilfsaggregate sind wellenlos über ein Mehrmotorensystem angetrieben (die Verbindung Drent in Eerbeck,,NL, mit Wifag, Bern, CH, wirkte sich dabei aus).

Der Rollendruckmaschine schließt sich ein Einzelnotenquerschneider von Giesecke & Devri-ent an. Es werden dabei die schon in der Druckmaschine halbierten Rollen (2 Banknoten breit) bis zur einzelnen Banknote weiterverarbeitet mit kontrollierter Ausschleusung der Makulaturen und Ablage über Knickarm-Roboter.

Anschließend wurde noch ein Kurz-Video der Maschine in Betrieb gezeigt.In der Diskussion ergaben sich noch folgende Informationen: Auf den Stahlstich-Formzylinder werden Sleeves (Stahlhülsen) eingesetzt. Die Trocknungstemperatur im Heißlufttrockner beträgt 120-140 Grad Celsius. Das „Waste Validation System“ weiß genau, welcher Teil aus der Bahn herausgeschnitten werden muss.

Auch die Makulatur wird vom Knickarmroboter dem Querschneider entnommen, sodass keine Person damit in Berührung kommt. Trotzdem wird am Ende eine manuelle Kontrolle der Banknoten durch Frauen durchgeführt.

In USA sind früh eingeführte Rollendruckmaschinen, die so genannten „Snow“-Maschinen wegen mangelhafter Produktivität in Verruf gekommen (Lieferung auch an die Banque de France und die Bank of England). Die Druckqualität war nie ein Problem. Jedoch muss die Auflagenhöhe stimmen, um damit rentabel zu produzieren. Heute drucken 5 Länder Bank-noten von der Rolle. Die Kosten sind halb so hoch gegenüber Bogendruck.

Giesecke & Devrient steht für extrem hohe Druckqualität, weshalb man dort allein auf den Bogendruck setzt (hoher Farbauftrag und Elektronenstrahl-„Trocknung“).

Die geringe Fälschungssicherheit bei den Euro-Banknoten entstand wegen der Vielfalt der Druckorte in den einzelnen Ländern, wobei der Schwächste den Standard bestimmte.

Der Briefmarkendruck (30% Tiefdruck, 60% Offsetdruck, 10% Stahlstich) hat sich in den letzten Jahren zweimal halbiert.

Boris Fuchs, 13.01.2005